Leerstand im Retail – ein Horrorszenario?
Mit dem Coronavirus bedingten Lockdown vom 16. März bis zum 11. Mai 2020 ist erneut das Schreckgespenst von verwaisten Retailflächen in den Innenstädten und Einkaufscentern aufgetaucht. Wie sind hier die Wirkungsmechanismen, was könnte wirklich Realität werden und wie lässt es sich vermeiden.
Hier ist es ganz wichtig zu unterscheiden zwischen Einkaufscentern und den Innenstädten. Die Besetzung der Retailflächen in den Städten wird in einem hohen Masse gesteuert durch die Höhe der Mieten, so können sich die Top Lagen nur Unternehmen leisten, die auch entsprechende Umsätze und Margen generieren können. Die weniger umsatzstarken Mieter weichen aus auf B Lagen. Wenn wir in den Innenstädten Leerstände finden, so meist durch die sehr hohen Mietzinse, die hier verlangt werden. Über Jahre und Jahrzehnte ist das Niveau hier ständig gestiegen, immer höhere Quadratmeter Preise konnten realisiert werden.
Jetzt haben wir die gegenläufige Tendenz mit den steigenden Umsätzen im Online Handel und dem damit verbundenen Umsatzverlusten im Retail. Wer als Vermieter reagiert bzw. reagieren kann, der wird keinen Leerstand haben, jedoch einen geringeren Mietertrag. Grundsätzlich sind die Innenstädte im Wettbewerb mit den Einkaufscentern gut aufgestellt. Die Tendenz weg von reinen Retailern, hin zu mehr Dienstleistungsmietern oder neuen Mietermixen in grossen Liegenschaften, ermöglichen den Innenstädten attraktiv zu bleiben. Die kleinen zusätzlichen Gastrogelegenheiten im Jelmoli in Zürich sind ein Anzeichen dieser Tendenz.
In den Einkaufscentern hat das Center Management die Möglichkeit direkt auf den Mietermix Einfluss zu nehmen und somit die Attraktivität des Centers für die Kunden zu steuern. Diese Auswahl an attraktiven Mietern sichert den Centern das langfristige Überleben, wichtig ist es dass die Bereitschaft besteht, manchmal kurzfristig auf Rendite zu verzichten. Auch das Streben nach einem Upgrading der Mieter und Kundschaft ist, wie es sich schon gezeigt hat, ein riskantes Unterfangen. Mit der Zunahme der Einkaufscenter in der Schweiz fangen die Kunden jedoch auch an die Einkaufscenter miteinander zu vergleichen und alte Center stehen vor grossen Erneuerungsinvestitionen.
Unabhängig jedoch ob Center oder Innenstadt, der Kunde kommt weniger um Produkte zu konsumieren und zu kaufen, mehr um wunderbare Erlebnisse zu haben und Service zu geniessen. Das T-Shirt, das Kleid kann ich online kaufen, aber ein Samstag nachmittag mit Freunden in der Stadt oder im Center zum Shoppen, Cafe trinken kann nicht durch online shoppen ersetzt werden.
Ich gehe nicht ins Restaurant um satt zu werden, dass kann ich gut und günstig zu Hause mit selber Kochen oder Lieferdienst. Ich gehe ins Restaurant um ein schönes Erlebnis zu haben, dies muss der Gastronom gestalten. Das kann ein objektiv schönes Erlebnis sein oder ein Erlebnis, dass ich per Social Media als toll publizieren kann.
Beispiel der Auszug Yendi – Bahnhofstrasse 89 in Zürich, ein Verlust? Ein Risiko für Bachmann aus Luzern? Nein, es bildet genau diesen Trend ab. Der Kunde möchte nicht alleine zu Hause sein oder in seinem Büro das Mittagessen verspeisen, nein, lieber raus und geniessen. Weg von der Einkaufsmeile, hin zum Erlebnispark.
Wer als erstes reagiert, wird profitieren, wer zu spät reagiert wird verlieren – Wandel durch Marktwirtschaft.